2020-05-05 14:51

Der «Corona-Fake»

Immer wieder begegnen mir in den letzten Wochen Facebook-Posts zum Thema Corona, in denen behauptet wird, Corona sei keine Pandemie, sondern ein eher harmloses Virus, das in seinen Auswirkungen mit einer Grippe zu vergleichen sei. Daraus folgt dann natürlich, dass die von den verschiedenen Regierungen ergriffenen Massnahmen übertrieben sind und lediglich Schaden verursachen.

Harmloser Unsinn bis hin zu Verschwörungstheorien

Gerne wird auch geschrieben, die Kranken seien mit Corona gestorben und nicht an der Krankheit. Auch ein Corona-positiver Motorradfahrer der am Sturz gestorben sei, werde den Coronatoten zugerechnet.

Einige gehen noch weiter und behaupten, Corona sei ein Versuch, die Menschen dazu zu bewegen, sich kritiklos zum Arzt zu begeben und testen zu lassen. Dadurch sollten die Leute an unnötige Arztbesuche auf Anweisung der Behörden gewöhnt werden. Dies solle dann später ausgenutzt werden, wenn ein «Impfzwang» eingeführt werde.

Traue keiner Statistik...

Statistiken der Corona-Infektionen zu erstellen und zu vergleichen ist schwierig: Verschiedene Länder haben verschiedene Arten zu zählen und dazu kommt eine Dunkelziffer unbekannter Grösse, da die Krankheit nicht bei allen Betroffenen Symptome auslöst. Zudem wurde mangels Testmöglichkeiten eine Zeit lang darauf verzichtet, Tests bei Nicht-Risikogruppen durchzuführen.

Übersterblichkeit

Es gibt jedoch einen Indikator für die Schwere der Pandemie, der sich vom Bundesamt für Statistik einfach erfassen lässt und der klar aufzeigt, wie schwer die Pandemie verläuft: Die Übersterblichkeit. Das BfS erfasst wochenweise die Todesfälle in den verschiedenen Landesregionen. Wenn in einer Woche deutlich mehr Leute sterben, als aufgrund der Erfahrung aus den vergangenen Jahren zu erwarten ist, wird von einer Übersterblichkeit gesprochen.

Betrachtet man die Zahlen vom 5. Mai 2020 sieht die Übersterblichkeit wie folgt aus:

Eigene Darstellung mit Daten des BfS

Die orange Linie ist die aufgrund der Erfahrung aus den Vorjahren zu erwartende Anzahl Todesfälle. Natürlich gibt es jedes Jahr Abweichungen, es wäre - wiederum aufgrund der Erfahrungen aus den Vorjahren - jedoch zu erwarten, dass die Anzahl Todesfälle sich zwischen der blauen und der grauen Linie bewegt.

Betrachtet man die gelbe Linie wird deutlich sichtbar, dass es in den Wochen 13 bis 17 eine starke Übersterblichkeit gab. Bei den Zahlen handelt es sich teilweise um Hochrechnungen, da es bis zu 40 Tage dauert, bis die Daten (bzw. 97.5% der Todesfälle) der Zivilstandesämter beim BfS ankommen.

Fazit

Damit wird klar, dass es sich beim neuen Coronavirus nicht um ein harmloses Virus handelt und dass die Auswirkungen deutlich grösser sind, als bei einer normalen Grippewelle. Dazu kommt, dass die Übersterblichkeit trotz der umfangreichen Massnahmen so deutlich sichtbar wird, es ist anzunehmen, dass es ohne die Massnahmen noch viel schlimmer gekommen wäre.

Natürlich könnte man argumentieren, dass sich beim Zusammenhang zwischen Übersterblichkeit und Coronavirus lediglich um eine Korrelation und nicht zwingend um eine Kausalität handle. Um eine solche Behauptung in diesen Zeiten tatsächlich zu vertreten, scheint mir aber sehr viel verschwörungstheoretischer Übereifer vonnöten. Dasselbe gilt für das gelegentlich vorgebrachte Argument, die Übersterblichkeit sei gerade wegen der Corona-Massnahmen und daraus folgender Einsamkeit, Mangel an medizinischer Behandlung und Angst aufgetreten. Wer dieses Argument vorbringt ignoriert jedoch, dass ohne die Massnahmen sehr viel mehr Leute angesteckt worden wären, was zu einer noch höheren Übersterblichkeit geführt hätte.

Datenquelle und Details zur Erhebungsmethode: Bundesamt für Statistik

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