2022-07-05 10:46

Ich habe jetzt ein EPD - aber was soll ich damit anfangen?

Würde mich Digitalisierung im Gesundheitswesen nicht schon länger interessieren, hätte ich wohl kaum die notwendige Motivation gehabt ein Elektronisches Patientendossier zu eröffnen: Man muss dafür persönlich vorsprechen und vorher eine digitale Identität "Swiss ID" anlegen - was den meisten technisch nicht interessierten Leuten zu mühsam sein dürfte. Als ich dann am Radio hörte, Berner könnten nun auch ein EPD eröffnen, war klar, dass ich das testen will.

Die Swiss ID hatte ich schon und für irgendwas anderes auch schon verifiziert. Also musste ich eigentlich "nur" noch zur Eröffnungsstelle. Die Öffnungszeiten sind mit einem Nachmittag und zwei Vormittagen nicht besonders ideal für alle die zu Bürozeiten arbeiten - also, zwei Stunden freigenommen und zum Amt für Informatik des Kantons gefahren. Nachdem ich den Eingang gefunden hatte (Wegweiser gibt es nur zum Parkplatz, als Radfahrer folgt man dem nicht unbedingt) war dann alles auch gut beschriftet und ich wurde schon im Gang in Empfang genommen. Ein Mitarbeiter führte mich durch den Prozess, zwei Techniker sassen im Raum und verfolgten alles am Bildschirm ("es ist alles noch sehr neu"). 5 Minuten später war alles erledigt - dank dem, dass ich darauf verzichtete, am Tablet seitenweise AGB durchzulesen.

Nun wollte ich mir das EPD natürlich mal anschauen. Also einloggen mit SwissID und dann… "Der Zugriff auf das elektronische Patientendossier ist für Ihr SwissID-Konto noch nicht aktiviert" - egal wo ich drücke, ich komme nicht weiter.

Aber da gibt's ja noch einen Button "TrustID" - da war mal was mit einem Covid-Test. Also neuer Versuch - und ich bin drin. Bis heute kann ich mich mit TrustID einloggen, mit SwissID nicht.

Jetzt habe ich Zugriff auf eine Plattform, die mich mit einem "Ihr Browser wird nicht unterstützt" begrüsst - ich verwende den neusten Edge auf Windows 11.

Ansonsten ist da nicht viel los. Ich könnte nach einem langen "Datenbank wird synchronisiert" Daten hochladen - nur habe ich abgesehen von ein paar negativen Covid-Tests nichts zu bieten. Dann könnte ich noch Zugriffsrechte für mein leeres Dossier vergeben. Da taucht dann eine lange Liste auf, in der ich ein Spital, einen Arzt oder eine andere Gesundheitseinrichtung auswählen soll. Man kann die Liste nicht nach Ort durchsuchen, was durchaus sinnvoll wäre, wenn man beispielsweise den genauen Namen einer Gesundheitseinrichtung nicht kennt. Die Liste ist allerdings so kurz, dass man sich problemlos durchklicken kann. Es sind hauptsächlich einige Alterszentren aufgeführt und zwei drei Spitäler. Selbst grosse Betreiber von Arztpraxen wie Medbase oder Hirslanden sind nicht zu finden. Natürlich finde ich auch meinen Hausarzt nicht.

Fazit: Ich habe es geschafft, an ein EPD zu kommen. Das ist allerdings jetzt leer und wird es wohl auf absehbare Zeit auch bleiben. Kommentar meines Hausarztes: Das EPD brauchen wir eigentlich nicht, wir haben ja bei uns alles digital abgelegt.

Na dann, mal sehen ob das EPD eine längere Halbwertszeit hat als meineimpfungen.ch.

Nebenbei: Die Betreiberfirma Axsana will für Auskunftsbegehren nach Art. 8 des Datenschutzgesetzes eine Gebühr von Fr. 300.- verlangen. Nachdem ich darauf hingewiesen habe, dass eine solche Gebühr prinzipiell rechtswidrig ist, ist nun unter FAQ zu lesen, den Auskunftsbegehrenden werden je nach Aufwand Kosten von "maximal Fr. 300.-" auferlegt. Das ist allerdings nicht besser: Gemäss Art. 8 DSG ist die Auskunft in der Regel kostenlos zu erteilen. Es gibt keinen Grund, ausgerechnet bei diesen sensiblen Daten von der Regel abzuweichen. Selbstverständlich werde ich - wenn dann irgendwann mal Daten in meinem Dossier sind - ein Auskunftsbegehren stellen.

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